Tesla scheint den Hype ausgelöst zu haben. VW richtet seine Zukunft darauf aus. Porsche hat mit dem Taycan das momentan leistungsstärkste E-Serienfahrzeug auf den Markt gebracht. Und BMW hat sie schon länger im Programm –vollelektrische Autos. Der Bau all dieser Fahrzeuge bringt eine Neugestaltung der Montagelinien in den Fabriken mit sich. Welche Auswirkungen dies haben kann, erklärt Carsten Kaufhold, Projektleiter der MVI PROPLANT Süd, der seit 2014 für eine Premiummarke in der Montageplanung tätig ist und mit den Herausforderungen dieser Umstellung konfrontiert ist: „Es gibt im Allgemeinen viele Fahrzeugprojekte für die in den nächsten 2 bis 3 Jahren batterieelektrische Derivate produziert werden. Im Grunde geht es aber allen OEMs um die Erfüllung der Auflagen, dem Ziel der CO2-Reduktion und die immer größer werdende Nachfrage zu bedienen. Daher wird auf vollelektrische Antriebe umgestellt.“
Unterschiede im Montageprozess: Verbrenner vs. E-Auto
Für die Fahrzeugproduktion hat dies zur Folge, dass mit der Umstellung vor allem der Einbau der Motor-, Getriebe-, Unterboden- Komponenten, und natürlich Batterie – sprich des gesamten Antriebsstrangs – komplett überdacht werden muss.
Vormontage
In der „klassischen“ Montage für Verbrenner sind die Vormontagen mit größerem Arbeitsaufwand verbunden. Bei den Vormontagen müssen zunächst der Motor und Antriebsstrang zusammengebaut und diese dann erst mit der Karosse verbunden werden – die sogenannte „Verlobung und Hochzeit“ im Fahrzeugbau.
Bei einem E-Auto werden die aufwendigen Vormontagen bei vielen Modellen wegfallen, „weil wir im Idealfall je nach Modell eine fertige Einheit, also ein Bauteil vom Zulieferer bekommen, der Motor und Getriebe bereits enthält“. Diese Einheit wird direkt mit der Batterie verbunden, ohne dass ein Getriebe separat verbaut werden muss. Das vereinfacht wiederum die Vormontagen, Verlobung und Hochzeit wesentlich.
Batterieaufladung vs. Benzinbefüllung
Eine weitere größere Prozessänderung hängt mit dem Laden der Batterie zusammen. Das Laden während des Montageprozesses ersetzt das klassische Erst-Befüllen. „Es ist also wichtig, wie wir das Laden der Batterie während der Montage umsetzen können.“ Denn im Vergleich zu Verbrenner-Autos fällt die Befüllung des Tanks am Ende der Produktion weg. Zudem erfordert das Laden der Batterie Stromanschlüsse, die an nutzvollen Montagestationen angebracht werden müssen. Nicht zuletzt sei die Logistik hinter der Elektrifizierung der Fahrzeuge in den Werken nicht zu vernachlässigen. Spezielle Behälter für den Transport und die Lagerung der Batterien sind notwendig, zudem müssen die Mitarbeiter explizit für den Umgang mit Batterien geschult sein.
Die Spezifikationen der Batterie und deren Auswirkungen auf die Montagelinie
Auch das Gewicht spielt eine Rolle in der Produktionslinie. „Die Batteriepacks sind wahnsinnig schwer“, erklärt Kaufhold. „Je mehr Leistung das Auto haben soll, desto größer und schwerer ist die Batterie.“ Die Batterie z.B. von Teslas Model S wiegt für die Version mit 420km Reichweite ganze 600 Kilo. Was das für die Montagelinie bedeutet? „Um das Gewicht des Fahrzeugs bewältigen zu können, muss die Fördertechnik angepasst werden. Dies kann im schlimmsten Fall eine Anpassung der Struktur der Montagehalle mit sich bringen.“ Das heißt auch, die Betriebsmittelplanung muss auf großes Gewicht ausgelegt werden: Stabilere Gehänge, um das Fahrzeug anheben zu können, müssten eingebaut, die Fließbänder auf deren Belastbarkeit geprüft und eventuell mit gewissen Baumaßnahmen verstärkt und der Einsatz größerer Gabelstapler muss geprüft werden. Ein zweiter Aspekt ist die Zugänglichkeit zur Batterie. „Wenn das Fahrzeug mit Fördertechnik bewegt werden muss und die Batterie gleichzeitig ein vollflächiges Bauteil ist, was viel Raum einnimmt, muss berücksichtigt werden, wie die Zugänglichkeit gewährleistet werden kann, so dass der Werker die Batterie mit der Fahrzeug-Struktur verbinden kann und dabei keine Fördertechnik im Weg ist.“
Andere Bauteile – anderes Design
Durch die Produktion von E-Fahrzeugen wird die Montageplanung vereinfacht, allerdings muss die Fabrikplanung danach ausgerichtet werden, weil das Werk an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden muss. Gleichzeitig geht aber mit der Reduzierung der Bauteile mehr Platz im Fahrzeug einher. „Konkret könnte bei vielen E-Modellen der sogenannten ‚Tunnel‘ im Fahrzeug-Inneren zwischen Fahrer- und Beifahrersitz wegfallen, in dem klassisch die Kardanwelle verbaut ist“, erklärt Kaufhold. Damit werden für den Innenraum neue Ideen ermöglicht, was für das Interieur-Design und somit in der Montage sicher Neues mit sich bringen wird.