„Die Ausgangsfrage in der heutigen Zeit ist doch: Kann die Mobilitätswende gelingen?“, eröffnet Dr. Stefan Mittermeier. „Ja, unter 2 Prämissen: Mobilität muss erstens Spaß machen und zweitens sicher sein. Beides ist aktuell nicht ausreichend erfüllt. Das gilt auch für den ÖPNV. Zusätzlich kommt hinzu, dass Unfälle der größte Kostentreiber für ÖPNV-Betreiber sind.”
Im Rahmen des 5G-Förderprojekt hat sich das MVI-Team auf den zweiten Aspekt, die Sicherheit, konzentriert. Für den öffentlichen Personennahverkehr in Rosenheim wurden verschiedene technische Analysen durchgeführt und gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut ein potenzieller Einsatz von 5G-Technologien im Busverkehr untersucht, um mögliche Gefahrensituationen im Verkehr in Zukunft minimieren zu können.
Auswertung des Datenbestands, den die MVI gesammelt hat
„Unser technisches Setup u.a. mit IoT, Heatmap per GPS-Daten und den Kameraaufnahmen von Live-Fahrsituationen ermöglichte uns die Sammlung und Auswertung eines umfangreichen Datenbestands. Unser Take-away aus dem Projekt: Die meisten kritischen Fahrsituationen entstehen, wenn verschiedene Aspekte kumulieren“, erklärt Dr. Mittermeier. Ein Beispiel: Bei einer Fahrbahnverengung ist grundsätzlich wenig Platz. Wenn der Bus dann noch neben einem Radweg rechts von ihm herfahren muss und andere Autos von links unerwartet vor dem Bus einscheren, besteht auf beiden Seiten des Busses Unfallrisiko. Tatsächlich kommt es zu solchen kritischen Situationen meist beim Gerade-Aus-Fahren.

Die Technologie kann deshalb auch aktuell nur bedingt helfen, da Assistenzsysteme mit Sensoren oder GPS ihre Grenzen haben. Beim ÖPNV kommt erschwerend hinzu, dass ein Betreiber beim Einsatz von Notbrems-Assistenten immer in Konflikt zwischen Unfallvermeidung und Insassenschutz kommt. Zu starkes Bremsen führt zu Stürzen von Personen im Bus. Daher geht es im ÖPNV nicht nur darum, Unfälle zu vermeiden.
Bei Assistenzsystemen kommen auch technische Beschränkungen hinzu: Zum einen der eingeschränkte Radius von Sensoren und dass das GPS indoor nicht funktioniert. „Diese Lücken kann 5G füllen. Allerdings nur, wenn alle am Straßenverkehr Beteiligten mit 5G ausgestattet wären, z.B. könnte 5G technische Anweisungen eines Radfahrers ins Sensor-Netzwerk an andere im Straßenverkehr übermitteln.“
Quintessenz aus der Studie und den MVI-Daten
Für mehr Sicherheit im Straßenverkehr kann es laut Dr. Stefan Mittermeier nur eine Kombination aus 3 Punkten sein:
- Verhaltens-Sensibilisierung der Verkehrsteilnehmer, insbesondere Fußgänger und Fahrradfahrer
- Städtebauliche Maßnahmen, z.B. durch abgetrennte Fahrspuren für die verschiedenen Mobilitätsarten, optimierte Standorte für Straßenschilder etc.
- Technischer Mix aus hochpräzisem GPS (sogenanntes DGPS) und 5G – allerdings erst, wenn Punkt 1 und 2 erfüllt sind.
Es hat sich in den hunderten von Videoaufnahmen, die die MVI AUTOMOTIVE in Rosenheim gemacht hat, herausgestellt, dass die Technik nur vorausschauend unterstützen kann, solange sich alle rücksichtsvoller verhalten. Nur so kann der Sicherheitsaspekt für eine Mobilitätswende in der Praxis gelingen.
Die MVI-Forschungsdaten als Data-as-a-Service
Was wir als MVI daraus machen können? „Wir können die von uns gesammelten Entwicklungsdaten potenziellen Kunden für Simulationen zur Verfügung stellen. „Die Daten können wir liefern, weil wir eine bundesweit geltende Kooperation mit Partnern aus dem ÖPNV haben. Die MVI AUTOMOTIVE hat Zugang zu den Daten, die die Busflotten fahren. Für OEMs könnten diese echten Fahrsituationen z.B. fürs autonome Fahren von Interesse sein.“ Der Datenbestand ist für das Unternehmen im Regionalverkehr sehr zufriedenstellend und hilfreich, denn z.B. werden die Video-Aufnahmen zukünftig für die Busfahrerausbildung verwendet.
Alles in allem ein erfolgreiches Forschungsprojekt für die MVI AUTOMOTIVE. Die umfassende Integration von 5G im Straßenverkehr mag noch Zeit benötigen, aber die technischen Umsetzungen sind bereits in vollem Gange.