»Die etablierten Zulieferer müssen mutiger sein«
Die MVI Group berät als Entwicklungsdienstleister die Automobilindustrie bei der Digitalisierung. Harald Scheder, Geschäftsführer der MVI Proplant Nord, spricht über kürzlich getätigte Fusionen und seine Sicht auf die Branche. – DIE FRAGEN STELLTE THOMAS GÜNNEL – » Herr Scheder, im vergangenen Jahr haben Sie die MVI-Töchter Solve-IT und Proplant Nord fusioniert und in diesem Jahr das Unternehmen Car Solutions übernommen. Welche Ziele verfolgen Sie damit? Mit der Integration der MVI Solve-IT haben wir uns Digitalisierungs-Know-how ins Haus geholt. Dank der Erfahrung in der Shopfloor-IT, Cloud-Technologien und bei Industrial Analytics können wir zukunftsfähige Fabriken mit schlanken Prozessen entwickeln. Durch die Übernahme von Car Solution haben wir vor allem unser Serviceangebot als Full Supplier erweitert – wir können jetzt Anlagen- und Sonderanlagen-Technik entwickeln, bauen und in Betrieb nehmen. » Wie schätzen Sie die deutschen Autozulieferer mit Blick auf die Digitalisierung ein? Die deutsche Automobilzulieferindustrie ist sich bewusst, dass sie künftig nur mit digitalen Ansätzen wettbewerbsfähig sein wird. Die Treiber sind die OEMs selbst, Start-ups und auch branchenfremde Firmen, die ihre Technologien in die Fahrzeuge bringen. Das Beispiel Sony zeigt, dass ein Elektronikkonzern durchaus in der Lage ist, ein Fahrzeug zu entwickeln, indem er Standardkomponenten zukauft, mit der hauseigenen Elektronik sowie IT ausstattet und das modern verpackt. Sicher ist es nicht so einfach wie hier beschrieben – schon gar nicht der Aufbau für eine entsprechende Serienproduktion. Allerdings ist klar, dass mit einer durchgehenden digitalen Prozesskette und den entsprechenden IT-Systemen Entwicklungsschritte möglich sind, die diverse Aspekte der Wertschöpfung beeinflussen. Und hier sind wir beim Punkt. Die digitale Transformation im Unternehmen voranzutreiben, bedeutet auch, sein Portfolio zu erweitern. Im vereinfachten Beispiel kann ein Konstrukteur gleich noch die Crashsimulation und die Baubarkeitsprüfung mitliefern. Eine Leistungsvielfalt, die in der Regel bei mehreren Zulieferern eingekauft wird. Der daraus resultierende Verdrängungswettbewerb ist zugleich Motor für neue, innovative Produkte. » Das heißt, die Unternehmen nutzen solche Ansätze bereits? Die etablierten Zulieferer müssen hier vielleicht etwas mutiger sein. Die oftmals langfristig aufgesetzten Verträge suggerieren Sicherheit. Auch und gerade in der Automobilindustrie, dem Motor Deutschlands, gibt es disruptive Geschäftsmodelle, die in der Regel alle auf digitalen Ansätzen beruhen. Die cloudbasierten Ansätze scheinen im Augenblick die Nase vorn zu haben. Jedoch müssen wir hier aufpassen: Wenn man den Werbeversprechen der Hersteller glauben darf, kommuniziert heute jeder Sensor mit seiner Cloud. Das birgt Potenzial für eine Fehlerquelle, die unbedingt verhindert werden sollte. ‹